Der gesetzliche Mindestlohn
Mit dem kürzlich beschlossenen Tarifautonomiestärkungsgesetz ist es amtlich: Ab dem 01.01.2015 gilt in Deutschland in den meisten Branchen ein Mindestlohn von 8,50 €/ Stunde. Bis zum 31.12.2016 sind niedrigere Löhne nur erlaubt, wenn ein entsprechender Tarifvertrag dies vorsieht und durch Rechtsverordnung auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes für allgemein verbindlich erklärt wurde. Ab dem 01.01.2017 wird der Mindestlohn dann für alle Beschäftigten bei mindestens 8,50 € liegen und ausnahmslos für alle Branchen gelten.
Anspruchsberechtigte Personen:
Der gesetzliche Anspruch auf Mindestlohn gilt nach der Einführungsphase für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer über 18 Jahre. Dies betrifft auch ausländische Beschäftigte, wenn sie in Deutschland arbeiten – unabhängig davon, ob sie bei einem in- oder ausländischen Unternehmen angestellt sind.
Vergütung:
Mit dem Mindestlohn ist der steuerpflichtige Bruttolohn pro Arbeitsstunde gemeint. Jede Arbeitsstunde kostet Sie als Arbeitgeber mindestens 8,50 €. Für den Fall das keine Arbeitszeit vereinbart ist, muss die Monatsvergütung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitszeit in den effektiven Stundenlohn umgerechnet werden.
Überprüfung Mindestlohn | 40 h / Wo = 173,33 h / Mo = 1.473,31 € | ||||||
Anpassung | |||||||
Angestellte | Gehalt | bei Std./Wo. | Std-Lohn | Mindestlohn | Abweichung | Status | Gehalt |
Frau Müller | 1.500,00 | 40,00 | 8,65 | 1.473,31 | -29,69 | ok | nicht nötig |
Herr Meier | 900,00 | 30,00 | 6,92 | 1.104,98 | 204,98 | Anpassung | 1.104,98 |
Frau Hoffmann | 400,00 | 12,00 | 7,69 | 441,99 | 41,99 | Anpassung | 441,99 |
Die vorstehende Berechnung zeigt, dass die Gehälter von 2 Arbeitnehmern angepasst werden müssten, um den Mindestlohn zu erreichen. In Kürze finden Sie diese Berechnung auf meiner Homepage. Hier brauchen Sie dann nur noch die wöchentliche Arbeitszeit und das Monatsgehalt erfassen. Die automatische Berechnung zeigt Ihnen dann, ob eine Anpassung nötig ist.
Einige Vergütungsbestandteile werden auf den Mindestlohn angerechnet, andere sind nicht anrechenbar und bei manchen ist die Anrechenbarkeit noch unklar, da es hierzu keine gesetzlichen Regelungen gibt. Einige Vergütungsbestandteile und ihre Anrechenbarkeit möchte ich Ihnen kurz nennen:
Anrechenbare Vergütungsbestandteile:
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Nicht anrechenbare Vergütungsbestandteile:
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Anrechenbarkeit derzeit noch unklar:
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Hinweis: Für Arbeitgeber ist es ratsam, so viele Gehaltsbestandteile wie möglich in eine Fixvergütung umzuwandeln. Außerdem sollten Leistungen, die nicht zum Fixgehalt gehören, immer mit einer Zweckbestimmung verbunden werden, damit sie auf jeden Fall auf den Mindestlohn anrechenbar sind. Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen sind hierauf genau zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Folgen bei Unterschreiten des Mindestlohns:
Bei der Sozialversicherung können bei Nichtberücksichtigung der Mindestlohngrenze erhebliche Nachzahlungen anfallen. In der Sozialversicherung wird die Beitragsgrundlage nicht danach bewertet, was der Arbeitnehmer tatsächlich bekommt, sondern nach seinem Lohnanspruch, der nunmehr mindestens 8,50 € betragen muss. Welche Konsequenzen dies hat, zeigt folgendes Beispiel:
Der Arbeitnehmer arbeitet auch im Jahr 2015 40h/Woche bei einem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 6,00 €
Bruttolohn (173,33 Stunden x 6,00 €) 1.039,98 €
Im Jahr 2016 findet eine Sozialversicherungsprüfung statt. Der Prüfer wird im Zuge der Prüfung den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € der Beitragsberechnung zugrunde legen!
Daraus ergibt sich folgende Berechnung:
Tatsächlicher Bruttolohn 1.039,98 €
Gesetzl. Mindestlohn (173,33 Stunden x 8,50 €) 1.473,31 €
Differenz 433,33 €
Folge: Der Arbeitgeber muss sowohl den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeberanteil nachzahlen
Gesamtdifferenz 2015 (12 x 433,33 €) 5.199,96 €
davon 20% Arbeitgeberanteil 1.039,99 €
davon 20% Arbeitnehmeranteil 1.039,99 €
Gesamtnachzahlung Arbeitgeber 2.079,98 €
Wichtig: Prüfungen in der Sozialversicherung finden nahezu lückenlos bei jedem Betrieb statt. Allein aus diesem Grund ist die Einhaltung des Mindestlohns zu beachten!
Besonderheiten bei bestimmten Arbeitnehmern:
- Langzeitarbeitslose
Hier kann in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung vom Mindestlohn abgewichen werden. Trifft auf Personen zu, die unmittelbar vor der Beschäftigung ein oder mehr Jahre arbeitslos gewesen sind. - Personen im Minijob
Zur Erleichterung des Einstiegs in den Arbeitsmarkt kann bei Ihnen lediglich in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung vom Mindestlohn abgewichen werden. - Praktikanten
Grundsätzlich besteht hier Anspruch auf Mindestlohn mit folgenden Ausnahmen:- Pflichtpraktika aufgrund schulrechtlicher Bestimmungen
- Freiwillige Praktika, die nicht länger als 3 Monate dauern, die der Berufsorientierung dienen oder studienbegleitend geleistet werden
- Sonstige Praktika im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach dem SGB III
- Auszubildende
Die Entlohnung wird weiterhin durch das Berufsbildungsgesetz geregelt. Daher erhalten Auszubildende keinen Mindestlohn
Aufzeichnungspflichten:
Arbeitszeiten, Gehalt und Stundenlohn sollten aus dem Arbeitsvertrag ersichtlich sein. Wenn nicht, und auch bei schwankenden Arbeitszeiten, sollten unbedingt tägliche Stundenlisten geführt werden. Bei geringfügig Beschäftigten müssen die tatsächlichen wöchentlichen Aufzeichnungen immer dokumentiert werden.
Branchenspezifischer Mindestlohn:
Die Berichterstattung befasst sich vorwiegend mit dem Mindestlohn, der ab 01.01.2015 gelten wird. Daneben gibt es jedoch weitere Branchen, für die bereits 2014 ein Mindestlohn relevant ist. Im Einzelnen handelt es sich um die nachfolgenden Branchen:
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